Solid-State-Batterien werden als die Energiespeicher von morgen angepriesen und sollen in einigen Jahren breite Anwendung finden - von Elektroautos bis Flugzeug. Da stellt sich die Frage: Wie teuer werden diese Batterien eigentlich sein? Eine Suche nach Antworten.
Solid-State-Batterien sind nun bereits seit über einem Jahrzehnt Gegenstand intensiver Forschung und inzwischen gibt es einige Firmen, die angekündigt haben, in den nächsten Jahren in Serie zu gehen. In der Regel gibt es dabei zwar eine Prognose zum erwarteten Produktionsstart, Angaben zu den Kosten der Zellen gibt es aber in aller Regel nicht. Dennoch gibt es erste Indizien, welche Preise zu erwarten sind. Je nachdem, wen man fragt, erhält man dabei unterschiedliche Einschätzungen. Dieser Artikel soll helfen, ein klareres Bild zu zeichnen.
Skalierungseffekte: Der Schlüsselfaktor für die Kosten von Lithium-Ionen-Batterien
Besonders hervorzuheben ist dabei der Einfluss von Skalierungseffekten. Wie bei jeder anderen Technologie ist zunächst mit höheren Kosten in der Einführungsphase und dem Beginn der Massenproduktion zu rechnen, da kleinere Produktionsmengen und noch fehlende Prozessoptimierungen die Herstellung verteuern. Der Skalierungs- und Optimierungszyklus konnte bereits bei konventionellen Li-Ionen-Zellen beobachtet werden: Hier sind die Preise in den letzten zehn Jahren von 469 $ pro kWh 2013 auf 101 $ pro kWh im Jahr 2021 gefallen [1].
Für die Hochlaufphase der Solid-State-Batterien gibt es dabei auch schon eine Prognose der Kosten: CISION PR Newswire schätzt in einer 2019 durchgeführten Studie die Kosten auf 400-800 $ pro kWh im Jahr 2026 [2], was damit vier bis acht Mal höher ist als heutige Batteriesysteme.
Langfristige Preisprognosen
Wie schaut es aber abseits dieser Skalierungseffekte aus? Für die langfristige Preisprognose der Solid State Batterie ist letztlich entscheidend, wie aufwendig der Herstellungsprozess ist und welche Materialien benötigt werden. Für geringere Kosten spricht, dass Separator und Elektrolyt in einer Komponente vereint werden und so weniger Komponenten nötig sind. Aufgrund der prognostizierten höheren Zellsicherheit ist es denkbar, dass in Zukunft aufwendige Maßnahmen zur Zellüberwachung und Temperierung zumindest reduziert werden könnten, die in heutigen Systemen nötig sind, um ein thermisches Durchgehen („Thermal Runaway“) zu verhindern. Neue Systemkonzepte wie z.B. CIP („Cell is pack“) oder CIM („Cell is module“) wie sie von ProLogium forciert werden[3], ermöglichen einen neuen (vereinfachten) Aufbau des Packs und damit langfristig geringere Kosten – aufgrund des frühen Entwicklungsstadiums ist es aber schwierig abzuschätzen, ob diese Konzepte die Serienreife erreichen.
Auf der anderen Seite gibt es Anzeichen, die tatsächlich für höhere Systemkosten sprechen: Die höhere Energie- und Leistungsdichte wird in der Regel durch einen Austausch der Graphitelektrode durch Li-Metall erreicht. Dies führt aber dazu, dass der Masseanteil an Lithium einer Zelle im Vergleich zu konventionellen Systemen deutlich erhöht ist und daher für die Anode auch mit höheren Kosten zu rechnen ist.
Kostenprognosen: Literatur vs. Herstellerangaben
Es gibt inzwischen bereits erste konkrete Abschätzungen zu den Kosten der Zellen. Hierbei ist zu unterscheiden zwischen Angaben aus der Literatur und Angaben von Herstellern von künftigen Solid-State-Batterien. Die Angaben von Herstellern müssen mit Vorsicht behandelt werden, da hier natürlich ein kommerzielles Interesse besteht, besonders optimistische Werte anzugeben. Es gibt mehrere Firmen, die erste Angaben zu den Kosten von Solid-State-Batterien gemacht haben. QuantumScape erwartet niedrigere Kosten als bei heutigen Zellen mit flüssigen Elektrolyten, gibt aber keine genauen Werte an (vgl. Investoren Präsentation vom Mai 22 [4]). Konkreter wird Nissan: Diese prognostizieren für ihre Solid-State-Batterien Preise von 75 $ pro kWh im Jahr 2028 und erwarten in den folgenden Jahren einen Kostenrückgang auf 65 $ [5].
Vergleicht man die Angaben von Nissan mit der Literatur kommt man zu tendenziell höheren Kosten pro kWh: Schnell et al. beziffern die Kosten von konventionellen Li-Ionen-Systemen auf 120 $ pro kWh und sehen Solid-State-Batterien etwas günstiger bei 100 $ pro kWh [6]. Schmuch et al. bewerten die Kosten von Batterien mit flüssigen Elektrolyten und Grafit-Anode auf ca. 58 $ pro kWh. Für Solid-State-Batterien unterscheiden sie je nach Anode: bei einem Überschuss an Lithium von 20 % in der Lithium-Metall-Anode errechnen sie einen Preis von ca. 75 $ pro kWh, bei 300 % Überschuss ermitteln sie einen Preis von 128 kWh pro kWh [7]. Der Vergleich der Kosten ist in Abbildung 1 dargestellt.
Abbildung 1: Kosten von Li-Ionen Batterien (LIB) vs. Kosten für Solid State Batteries (SSB). Vergleich zwischen Literaturangaben (Schnell et al., 2020 und Schmuch et al., 2018) und der Kostenprognose von Nissan für 2028 und die Jahre danach
Fazit: Keine klare Tendenz
Aus den prognostizierten Kosten ist grundsätzlich davon auszugehen, dass Solid-State-Batterien preislich in eine ähnlichen Größenordnung wie konventionelle Li-Ionen-Batterien einzuordnen sind. Von einer Anwendung im Automobilbereich ist daher auszugehen. Ob die Batterien nur im Premiumsegment anzutreffen sind, oder sich auch Anwendungen in der Mittelklasse ergeben, wird vor allem davon abhängen, wie sich die Kosten im Vergleich zu konventionellen Li-Ionen Batterien entwickeln.
Dabei gibt es Indikatoren die für günstigere Systemkosten sprechen, insbesondere aufgrund der Hinweise, dass sich die Fertigung vereinfachen könnte, wenn Komponenten auf Zell- oder Systemebene wegfallen.
Während Hersteller von Solid-State-Batterien durchaus einig sind, dass eine Kostensenkung erreicht werden kann, fehlen im Allgemeinen noch konkrete Angaben und Belege, wie diese Einsparungen erreicht werden können. Untersuchungen in der Literatur unterstützen die Prognosen der Hersteller in der Regel nicht, wenngleich hier auch innerhalb der Literatur erhebliche Unterschiede zu finden sind. Aufgrund des höheren Li-Bedarfs der Li-Metall-Anode sind zumindest die reinen Materialkosten höher, ob die höhere Energiedichte diese Extrakosten ausgleicht, bleibt abzuwarten.
Quellen
[1] Bloomberg NEF: Battery Pack Prices Fall to an Average of $132/kWh, But Rising Commodity Prices Start to Bite, https://about.bnef.com/blog/battery-pack-prices-fall-to-an-average-of-132-kwh-but-rising-commodity-prices-start-to-bite/
[2] Cision PR Newswire: Global Automotive Solid-State Battery Market 2019-2030: An Ultra High Energy, Safe, and Low Cost All Solid-State Rechargeable Battery for Electric Vehicles, https://www.prnewswire.com/news-releases/global-automotive-solid-state-battery-market-2019-2030-an-ultra-high-energy-safe-and-low-cost-all-solid-state-rechargeable-battery-for-electric-vehicles-300790807.html
[3]ProLogium: Vinfast and ProLogium Launching JV to Build SolidState EV Battery Pack in Vietnam, https://prologium.com/vinfast-and-prologium-launching-jv-to-build-solidstate-ev-battery-pack-in-vietnam/
[4] QuantumScape: Investor Presentation May 13, 2022, https://ir.quantumscape.com/resources/events-and-presentations/presentations/presentation-details/2022/Investor-Presentation/default.aspx
[5]Nissan Motor Corporation: Nissan unveils prototype production facility for all-solid-state batteries, https://global.nissannews.com/en/releases/nissan-prototype-production-facility-for-all-solid-state-batteries
[6]Schnell, J., Knörzer, H., Imbsweiler, J. I., Reinhart, G.: Solid versus Liquid – A Bottom-Up Calculation Model to Analyze the Manufacturing Cost of Future High-Energy Batteries, Garching 2020
[7] Schmuch, R., Wagner, R., Hörpel, G., Placke, T., Winter, M.: Performance and cost of materials for lithium-based rechargeable automotive batteries, Münster 2018