Für die Anwendung der Solid-State Batterie im Elektroauto sind hohe Speicherkapazitäten und hohe Ladegeschwindigkeiten notwendig. Mit Li-Ionen Batterien können beide Ziele bereits seit Jahren im Automobil erreicht werden. Solid-State Batterien müssen aber erst noch beweisen, dass sie diese Anforderungen ebenfalls erfüllen.
Neben dem Ziel, mit festen Elektrolyten die Gefahr von Bränden zu reduzieren, ist der Wunsch, die Energie- und Leistungsdichte von Batterien zu erhöhen, sodass mit einer Batterieladung weiter gefahren werden kann und weniger Zeit an der Ladesäule verbracht werden muss. In diesem Artikel wird analysiert, wie realistisch es ist, dass dieser Wunsch erreicht wird.
Energiedichte:
Eine Solid-State-Batterie unterscheidet sich per Definition von einer Lithium-Ionen-Batterie, dass sie über eine festen Elektrolyten verfügt, während Lithium-Ionen Batterien einen flüssigen oder gelartigen (Polymer) Elektrolyten aufweisen. Tauscht man bei einer Lithium-Ionen-Batterie nur den flüssigen Elektrolyt durch einen festen Elektrolyt aus, so ergeben sich daraus zunächst keine großen Vorteile für die Energiedichte. Woher kommt also die Behauptung, dass mit Solid-State Batterien hohe Energiedichten erreicht werden können?
Höhere Energiedichte mit Li-Metall-Anode
In der Regel werden höhere Energiedichten mit einem Austausch der Anode erreicht. Li-Ionen-Batterien nutzen bisher in der Regel Graphit. Dies lässt sich zwar leicht in die Batteriechemie integrieren, die Energiedichte ist mit 375 mAh/g allerdings nicht herausragend. Bereits in der Frühphase der Li-Ionen-Entwicklung gab es Konzepte, reines Lithium-Metall als Anoden-Material zu verwenden und so die Energiedichte zu erhöhen. Li-Metall ist allerdings sehr reaktiv und es kommt zu chemischen Reaktionen mit dem flüssigen Elektrolyten, was dazu führt, dass die Zellen sehr schnell kaputt gehen. Bei festen Elektrolyten wie sie bei Solid-State Batterien auftreten, ist die Schnittstelle zum Lithium-Metall elektrochemisch wesentlich weniger anfällig, sodass es möglich ist Zellen mit vergleichsweise hoher Lebensdauer zu entwickeln[1]. In der Theorie kann die Kapazität der Anode damit mehr als verzehnfacht werden (375 mAh/g bei Graphit-Anoden und 3860 mAh/g bei Lithium-Anoden). Es ist allerdings zu beachten, dass eine Vervielfachung der Anode nicht automatisch zu einer vervielfachten Kapazität auf Zellebene führt, da die Anode nur ein Baustein von vielen Komponenten in der Zelle darstellt. In der Praxis ist die tatsächliche Steigerung der Energiedichte daher nicht ganz so hoch. Für erste kommerzielle Solid-State Batterien werden daher lediglich Erhöhungen der Energiedichte um 5-25 % prognostiziert [2].
Energiedichte der Silizium-Anoden
Neben der Verwendung von Lithium-Metall als Anode, wird auch die Verwendung von reinem Silizium als Anode diskutiert. Mit diesem können ebenfalls sehr hohe theoretische Energiedichten von 3590 mAh/g erreicht werden [3]. Reine Silizium-Anoden sind allerdings noch sehr weit von der Serienreife entfernt, weswegen stattdessen häufig geringe Mengen Silizium mit Graphit gemischt werden. Die Erhöhung der Energiedichte auf Zellebene fällt dann entsprechend auch nur noch sehr gering aus. Wenn mit höheren Energiedichten bei Solid-State Batterien geworben wird, ist dies dann deshalb meistens in Kombination mit Li-Metall-Anoden.
Weitere Optimierungen der Energiedichte
Neben dem Austausch der Anoden wird auch diskutiert, andere Kathodenmaterialien zu verwenden, die Spannung der Zelle erhöhen können und so höhere Energiedichten ermöglicht werden. Aufgrund der Robustheit des Elektrolyten wird außerdem erwartet, dass der Einsatz von Lithium-Schwefel- oder sogar Lithium-Luft-Kathoden möglich sein könnte[4]. Der Entwicklungsprozess hierzu ist allerdings noch nicht weit fortgeschritten, sodass diese nicht in den nächsten Jahren zu erwarten sind.
Ankündigungen der Hersteller
Betrachtet man die Ankündigungen der Hersteller, so zeigt sich auch hier, dass die Steigerungen der Energiedichte im Wesentlichen in der Nutzung von Li-Metall-Anoden begründet wird. Auffallend ist, dass die geplanten Energiesteigerungen teilweise deutlich höher als die 5-25 % ausfallen, die in der Literatur angegeben sind. QuantumScape, SolidPower oder auch Toyota planen mit einer Energiedichten zwischen 350-450 Wh/kg [5], im Vergleich zu heutigen 250 Wh/kg bei Li-Ionen. Es ist jedoch kritisch zu beleuchten unter welchen Bedingungen die Verbesserungen in der Energiedichte erreicht wurden. Messungen im Labor lassen sich im Allgemeinen nicht auf ein späteres Serienprodukt übertragen.
Grundsätzlich sind sich Wissenschaft und Wirtschaft jedoch einig, dass mit Solid-State Batterien eine Steigerung in der Energiedichte erreicht werden kann. Es bleibt lediglich noch abzuwarten, ob diese so hoch ausfällt, wie die Industrie verspricht.
Leistungsdichte
Mit der Leistungsdichte einer Batterie wird angegeben, mit welchem Ladestrom eine Batterie geladen werden kann. Eine hohe Leistungsdichte ist notwendig, um eine E-Auto-Batterie in wenigen Minuten schnellzuladen und eine zügige Weiterfahrt zu ermöglichen.
Während das Schnellladen bei Lithium-Ionen Batterien seit Jahren normal ist, ergibt sich für Solid-State Batterien ein anderes Bild. Tatsächlich gibt es berechtigte Zweifel, ob Solid-State Batterien für das Schnellladen geeignet sind. Da sich die Zellen immer noch in einem frühen Stand der Kommerzialisierung befinden, lässt sich zwar noch kein hundertprozentiges Fazit ziehen, allerdings gibt es gewichtige Gründe, die gegen hohe Leistungsdichten sprechen:
Dendriten-Ausbildung
Solid-State Batterien besitzen eine viel höhere Neigung Dendriten auszubilden. Dendriten sind speerartige Ablagerungen aus Li-Ionen, die sich während des Betriebs der Zelle bilden. Mit der Nutzungsdauer nehmen diese Ablagerungen zu und es besteht die Gefahr, dass diese den Separator durchdringen und zu einem Kurzschluss führen. In Abbildung 1 ist der Entstehungsprozess dieser Dendriten bei Solid-State Batterien dargestellt. Mit dem festen Elektrolyt können sich die Dendriten besonders leicht entlang der Korngrenzen bilden, sodass die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten im Vergleich zu flüssigen Elektrolyten stark erhöht ist [6].
Abbildung 1: Verlauf der Dendriten-Bildung in Solid-State Batterien, Eigene Darstellung basierend auf Untersuchung eines LLZO Elektrolyt von [7]
Li-Metall Hohlraum-Bildung
Solid-State Batterien mit Li-Metall-Anode leiden ebenfalls unter hohen Ladeströmen. Ist dieser zu hoch, führt dies zu einer ungleichmäßigen Belastung der Zelle, sodass sich Leerstellen und Hohlräume bilden können [6].
Schlechte Ionen-Leitfähigkeit des Elektrolyts
Bei Solid-State Zellen kann das feste Elektrolyt im Wesentlichen unterschieden werden in Polymer, Oxid- und Schwefelbasierte Systeme. Während bei Schwefelbasierten Systemen sehr gute Ionen-Leitfähigkeiten erreicht werden, ist dies für Oxid- und Polymer-basierte Systeme nicht der Fall. Insbesondere Polymerbasierte Systeme leiden unter hohen spezifischen Widerständen. Dies führt dann beim Schnellladen zu hohen Temperaturen und verringert zudem die Lade-Effizienz der Zelle maßgeblich. Die schlechten Übergangswiderstände an den Elektroden-Schnittstellen und die Instabilität aufgrund der hohen Volumenänderungen beim Laden und Entladen verschärfen dieses Problem [7].
Dieser Artikel gibt nur einen Einstieg in die Thematik des Schnelllades. Ein tiefergehender Einblick mit weiteren Herausforderungen für hohe Leistungsdichten und einem Überblick über die Ankündigungen von Start-Ups zu Schnellladen finden sich hier analysiert.
Fazit:
Aufgrund der noch immer laufenden Entwicklungsarbeit ist es nicht möglich, mit Gewissheit zu sagen, welche Versprechen im Bezug auf der Energie- und Leistungsdichte wirklich erfüllt werden. Es deutet aber sehr viel darauf hin, dass es mit Solid-State-Batterien einen deutlichen Sprung in der Energiedichte geben wird. Anders schaut es bei der Leistungsdichte aus: Die starke Neigung, Dendriten auszubilden und die schlechte Leitfähigkeit einiger Elektrolytvarianten könnten sich noch als Show-Stopper für eine breite Kommerzialisierung herausstellen, sofern diese Probleme nicht gelöst werden können, oder zumindest Work-Arounds (wie z.B. hybride Zellen oder Semi-Solid-State Zellen) entwickelt werden. Die nächsten Jahre der Industrialisierung werden hier entscheidend sein, in wie weit die Zellen sich am Markt etablieren können.
Quellen:
[1] Nithyadharseni Palaniyandy, K.P. Abhilash, B. Nalini (2022): Solid State Batteries: Design, Challenges and Market Demands, South Africa, Czech republic, India
[2] Fraunhofer Institute for systems and Innovation Research ISI: Solid-State Battery Roadmap 2035, 2022,Karlsruhe
[3] Ashuri, M., He, Q.: Silicon as a potential anode material for Li-ion batteries: where size, geometry and structure matter, 2015, Royal Society of Chemistry
[4] Xin, G. u.a.: All-Solid-State Lithium–Sulfur Batteries Enhanced by Redox Mediators, 2021, https://doi.org/10.1021/jacs.1c07754
[5]Reid Max: Will semi-solid battery technology render solid-state batteries redundant? https://www.woodmac.com/news/opinion/will-semi-solid-battery-technology-render-solid-state-batteries-redundant/, 2022
[6] Vishnugopi B., Kazyak E. et al. : Challenges and Opportunities for Fast Charging of Solid-State Lithium Metal Batteries. 2021, ACS Energy Letters
[7] Zhang, C., Hu, Q. et al. :Fast-Charging Solid-State Lithium-Metal Batteries: A review, 2022, Advanced Energy Storages