Li-Metall Anoden im Überblick: Herausforderungen und Chancen

You are currently viewing Li-metal anodes at a glance: Challenges and opportunities

Li-Metall-Anoden ermöglichen es, die Energiedichte von Solid-State Batterien deutlich zu steigern. Der Einsatz dieses Anodenmaterials ist aber nicht ohne weiteres möglich. Welche Chancen die Li-Anode bringt und welche Herausforderungen bis zur Serienreife noch gelöst werden müssen klärt dieser Artikel.

Um die Energiedichte einer Batterie zu steigern, kann versucht werden, entweder die Energiedichte der Kathode oder der Anode zu steigern. Auf Kathodenseite wird beispielsweise versucht, bei NMC-Kathoden den Anteil an Nickel zu steigern oder für LFP-Kathoden einen zusätzlichen Anteil Mangan einzubringen. Für die Anode wurde in der Vergangenheit fast immer Grafit verwendet wird, weil dieses haltbar und stabil ist. Das Lithium bei Lithium-Metall-Anoden ist chemisch so reaktiv, dass es mit dem flüssigen Elektrolyten reagieren würde und diesen beschädigen würde. Feste Elektrolyten sind stabiler, weswegen in den letzten Jahren eine neue Entwicklungsdynamik aufgekommen ist, Li-Metall-Anoden für Solid-State Batterien zu entwickeln. Neben der Anode auf Siliziumbasis hat sich die Li-Metall-Anode als der favorisierte Ansatz für Festkörperzellen etabliert.

Erwartungen und Herausforderungen

Aufgrund des elektrochemischen Potentials von 0 V gegenüber Li+ sind hohe Zellspannungen möglich und mit einer theoretischen Energiedichte von 3860 mAh/g (bzw. 2061 mAh/cm3) schneiden Li-Anoden um ein vielfaches besser als Grafitanoden ab [1]. Allerdings ist die Li-Metall-Anode noch nicht serienreif, da einige Probleme die Industrialisierung erschweren.

Die starke Volumenänderung der Anode im Betrieb ist dabei die größte Herausforderung, die gelöst werden muss. Diese entsteht, weil sich beim Laden Li-Ionen auf der Anodenoberfläche ablagern und sich so ausdehnt. Beim Entladen kehrt sich der Prozess um und die Anode schrumpft auf fast ihr ursprüngliches Volumen. Die Volumenänderung kann dazu führen, dass sich– wenn keine Gegenmaßnahmen ergriffen werden –nach einigen dutzenden Zyklen das Volumen bereits mehr als verzehnfacht [2] was eine enorme mechanische Belastung der Zelle darstellt. Das Wachstum von Dendriten wird dadurch ebenfalls gefördert. Dendriten sind Li-Ionen, die sich auf der Anode speerartig auftürmen und potentiell in der Lage sind, durch den festen Elektrolyt durchzustechen und einen Kurzschluss auszulösen [1].

Ein weitere Herausforderung ist die schlechte Schnittstellenqualität zwischen Li-Anode und Elektrolyt, die dazu führt, dass Li den Kontakt mit dem Elektrolyten verliert und als „Dead Lithium“ nicht mehr an den Lade- und Entladereaktionen teilnimmt [2].

Es gibt auch bei festen Elektrolyten einige Subtypen (insbesondere bei sulfidbasierten Systemen), die mit dem Li-Metall chemische Reaktionen eingehen, was zu einer starken Korrosion führt und zusätzliche Schutzschichten zum Beispiel durch eine künstliche SEI-Schicht (Solid-Electrolyte Interface) nötig macht [3].

Li-Metall-Anodenarten

Der Aufbau der Li-Metall-Anode ist Gegenstand aktueller Forschungen und es gibt dabei mehrere Ansätze die verfolgt werden. Diese sind in der Regel ein Kompromiss zwischen hoher Energiedichte bei gleichzeitig hoher Zyklenstabilität und guter Produzierbarkeit und meistens können nicht alle Anforderungen gleichermaßen erfüllt werden.

2D-Lithium-Anode

Die 2D-Lithium-Anode ist der einfachste Ansatz, um eine Lithium-Metall-Anode zu realisieren und wird vielfach in Laborstudien verwenden. Für die Herstellung gibt es verschiedene Ansätze. Es ist möglich dünne Li-Folien aus reinem Lithium herzustellen. In Abbildung 1 (a) ist der Aufbau einer Solid-State-Batterie mit Li-Folie dargestellt. Für eine gute Energiedichte sind Foliendichten von 20um[4] gefordert, was allerdings prozesstechnisch schwierig herzustellen ist. Alternativ kann das Lithium geschmolzen oder verdampft werden und direkt auf ein Trägermaterial (z.B. den Stromkollektor) aufgetragen werden[5]. Eine 2D-Anode führt allerdings dazu, dass sich das Volumen der Anode mit jedem Lade- und Entladevorgang sehr stark ändert und sich besonders leicht Dendriten ausbilden. Deshalb wird an weiteren Ansätzen geforscht, um diese Probleme in den Griff zu bekommen.

Abbildung 1: (a) Li-Anode als 20 um Folie auf Kupferkollektor (b) Einlagerung der Lithium-Ionen in C6-Schichten einer Grafitanode

3D-Host/Gitterstrukturen

Einer der Ansätze für volumenstabile Zellen orientiert sich dabei am Konzept der heute üblichen Grafitanode. Grafit besteht aus mehreren Schichten aus C6-Ringen. Beim Laden lagert sich das Lithium in die Mitte der C6-Ringe zwischen zwei Schichten ein [6] und sorgt für eine stabile Struktur bei gleichzeitig nur geringer Volumenänderung (siehe Abbildung 1b). Für Li-Metall-Anoden wird untersucht, ob dreidimensionale Strukturen geeignet sind, das Volumen stabil zu halten und das Ausbilden von Dendriten zu verringern. Untersuchungen zeigen, dass gitterartigen 3D-Strukturen die lokale Stromdichte reduzieren und so tatsächlich die mechanische und elektrische Belastung reduzieren können. Allerdings handelt es sich bei den 3D-Gittern in der Regel um passive Strukturen, die die Energiedichte aufgrund des Volumens teils deutlich reduzieren. Als Gittermaterial kommen dabei Kohlenstoff, Zink-Sauerstoff oder Nickel- bzw. Kupferschaum in Frage [4]. Es ist möglich, reines Lithium in einer 3D-Struktur abzulegen, was nach Chi, Liu et al. verhindert, dass Dendriten gebildet werden[7]. Die Entwicklung der 3D-Strukturen ist allerdings noch im Anfangsstadium und es ist noch nicht abzusehen, welche Materialien sich durchsetzen werden. 

Abbildung 2: "Anodeless" Design einer Solid-State Batterie. Aufbau vor und nach dem ersten Ladevorgang

„Anodeless“ Anoden

 

Es ist möglich, Batterien „Anodeless“ aufzubauen. Dies bedeutet, dass in der Herstellung keine Anode verbaut wird. Erst beim erstmaligen Aufladen wandern Li-Ionen von der Kathode zur anderen Seite und bilden die Anode dann in-situ, indem sich die Li-Ionen auf dem Stromkollektor ablagern (siehe Abbildung 2). Der Vorteil liegt dabei darin, dass die Produktion vereinfacht werden kann, da die Anodenproduktion komplett entfällt und auf reaktionsfreudige Li-Folien verzichtet werden kann. Für „Anodeless“ Anoden ist es nötig, einen Li-Überschuss auf der Kathodenseite einzubringen, damit diese die Anode beim Laden aufbauen können [5]. Da die „Anodeless“ Anode im Wesentlichen eine 2D-Li-Schicht aufbaut, führt dies ebenso zu starken Volumenänderungen beim Laden und Entladen und daraus resultierend einer hohen Dendritenneigung. Es gibt daher ebenfalls Bestrebungen, die Anode in 3D-Strukturen aus z.B. Kupfer ausbilden zu lassen. Als besonders erfolgreich hat sich hier eine Verbindung aus Silber und Kohlenstoff erwiesen, mit welcher bereits über 1000 Zyklen erreicht werden konnte[3]. 

Bekannte Kommerzialisierungsansätze der Li-Anode

Es gibt verschiedene Firmen, die an Lithium-Anoden arbeiten. Dazu gehören unter anderem ProLogium, Toyota, SolidPower, Gangfeng Lithium Group oder Solid Energy [5]. Genaue Informationen zum Anodenkonzept werden in der Regel nicht veröffentlicht. Für QuantumScape und Blue-Solutions sind aber zumindest grundlegende Informationen bekannt:

 QuantumScape ist einer der Anbieter, die an einer „Anodeless“ Anode arbeiten. Das Konzept verzichtet auf 3D-Strukturen die als Host der Li-Ionen dienen. Es gibt keine Angaben, wie groß die Volumenänderung beim Laden und Entladen ausfällt. In durchgeführten Tests mussten die Zellen allerdings mit einem Druck von 3,4 bar verpresst werden. Die Anode erwies sich in Tests als relativ stabil und nach 800 Vollzyklen bei 25° C konnte eine Restkapazität von ca. 90 % erreicht werden[8].

Blue-Solutions verwendet als Anode eine Lithium-Folie. Das Unternehmen ist dabei das erste das bereits Solid-State Batterien im Markt hat und dabei den Mercedes Bus eCitaro ausrüstet[9]. 2021 wurden dabei bereits Zellen mit einer Kapazität von 500 MWh/Jahr produziert, mit dem Ziel, dies bald auf die dreifache Menge ansteigen zu lassen. Blue-Solutions arbeitet zudem mit der Firma Li-Metall zusammen, um künftig Anoden zu entwickeln, die nicht auf Li-Folien basieren [10].

Fazit

Li-Metall-Anoden sind einer der vielversprechendsten Möglichkeiten, um die Kapazität von Li-Batterien zu steigern. Während bei der reinen Grafitanode keine großen Änderungen zu erwarten sind, bietet die Li-Anode noch viel Entwicklungspotential. Die starke Volumenänderung und die Reaktionsfreudigkeit von Lithium sind allerdings Probleme, die bis zur Serienreife in den Griff bekommen werden müssen. Inzwischen arbeiten praktisch alle großen OEMs mit Entwicklungsfirmen zusammen, die an Solid-State Batterien mit Li-Ionen-Anoden forschen. Parallel dazu haben Veröffentlichungen zu Lithium-Metall-Anoden in den letzten Jahren kontinuierlich zugenommen. Es ist deshalb davon auszugehen, dass mit neuen Ansätze wie 3D-Hostmaterialien oder extra Schutzschichten Lösungen für die aktuellen Probleme ausgearbeitet werden und die Serienreife der Li-Metall-Anode voranschreitet. 

Quellen

[1] Wang, R., Cui, W. et al: Lithium metal anodes: Present and future, 2019, Journal of Energy chemistry.

[2] Wang, Q., Liu, B. et al: Confronting the Challenges in Lithium Anodes for Lithium Metal Batteries, 2021, Advanced Science.

[3] Varzi, A., Thanner, K., et al.: Current status and future perspectives of Lithium Metal Batteries, 2020, Journal of Power Sources.

[4] M. Gao, H. Li, L. Xu, Q. Xue, X. Wang, Y. Bai, C. Wu, Lithium metal batteries for high energy density: fundamental electrochemistry and challenges, Journal of Energy Chemistry (2020), doi:https://doi.org/10.1016/j.jechem.2020.11.034

[5] Fraunhofer Institute for Systems and Innovation Research ISI: Solid-State Battery Roadmap 2035+, Karlsruhe, 2022

[6] Korthauer, Reiner: Handbuch Lithium-Ionen-Batterien, 2013, Frankfurt

[7] Chi,S., Liu, X. et al: Solid polymer electrolyte soft interface layer with 3D lithium anode for all-solid-state lithium batteries, 2019, Energy Storage Materials.

[8] QuantumSacpe: InvestorPresentation October 12,2022, https://s29.q4cdn.com/884415011/files/doc_presentation/2022/QS-IR-Presentation-Oct-’22.pdf.

[9] electrive.net, “We are the real pioneer of the solid state battery”, 2021, “We are the real pioneer of the solid state battery” – electrive.net

[10] Li-Metal: Technology, 2023, Metal (li-metal.com)