Lebensdauer von Solid-State Batterien: Sind sie besser als Li-Ionen Batterien?

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Eine hohe Lebensdauer der Batterien im Automotive Einsatz ist wichtig, um umwelttechnische Vorteile im Vergleich zu Verbrennertechnologie zu erzeugen. Li-Ionen-Batterien können hier bis heute nicht immer komplett überzeugen. Aber wie schaut es bei Solid-State-Batterien aus?

Damit die Solid-State-Batterie in Serie produziert werden kann, ist es notwendig, dass sichergestellt ist, dass die Batterie über den gesamten Lebenszyklus leistungsfähig bleibt und nur wenig ihrer Kapazität einbüßt. Die Mindestanforderungen orientieren sich dabei an den heutigen Zellchemien. In der Regel gilt, dass das Ende des Lebenszyklus erreicht ist, wenn entweder noch 80 % der ursprünglichen Speicherkapazität verfügbar ist, oder wenn sich der interne Widerstand (dieser beeinflusst die maximale Leistungsfähigkeit der Zelle) im Vergleich zu einer neuen Zelle verdoppelt hat. Der aktuelle Forschungsstand zur Lebensdauer von Solid-State-Batterien ist in diesem Artikel zusammengefasst und wird mit der konventionellen Li-Ionen-Batterie verglichen.

Vergleich der Alterungsmechanismen in Solid-State-Batterien zu Lithium-Ionen-Zellen

Ein Überblick über die wichtigsten Alterungsmechanismen in Solid-State-Batterien ist in Abbildung 1 dargestellt. Es wird verglichen zwischen der Alterung von Li-Ionen-Batterien mit flüssigem Elektrolyten und Solid-State-Batterien. Für jeden Schadensmechanismus ist anhand der Farben die Schwere der Alterung zu entnehmen. Auf die einzelnen Ursachen wird im Folgenden eingegangen.

Abbildung 1: Vergleich der Schadensmechanismen von Solid-State-Batterien. Die Stärke des Alterungseffekts kann aus der farblichen Markierung entnommen werden. Rot: massiver Alterungseffekt, Orange: relevanter Alterungseffekt, Gelb: leichter-moderater Alterungseffekt, Grün: Alterung vernachlässigbar, Eigene Darstellung.

Irreversible Ablagerungen:

Bei Li-Ionen-Batterien ist der Lade- und Entladevorgang der Batterie nicht vollständig reversibel. Stattdessen gibt es kleine Nebenreaktionen, die dazu führen, dass aktives Lithium dauerhaft gebunden wird und sich auf der Oberfläche der Anode ablagert und die SEI-Schicht (SEI = Solid Electrolyte Interface) vergrößert. Die SEI-Schicht ist eigentlich eine Schutzschicht, die beim ersten Laden aufgebaut wird und die Anode vor Zersetzung schützt. Durch die Abbauprodukte der Nebenreaktionen wird diese Schicht aber immer größer, was einerseits den Zellwiderstand ansteigen lässt, aber auch die Kapazität reduziert(vgl. Korthauer [1]). Für Solid-State-Batterien gibt es noch keine umfangreichen Untersuchungen, ob es zu Abbaureaktionen kommen wird.

 

Volumenänderungen:

Volumenänderungen stellen sowohl für Solid-State-Batterien als auch für klassische Zellen eine Herausforderung dar. Das Wandern der Lithium-Ionen beim Laden führt dazu, dass das Volumen der Kathode sich verkleinert, das Volumen der Kathode sich dafür vergrößert. Die Volumenänderung bei Li-Ionen-Batterien der Kathode ist mit 1 % gering (vgl. Käbitz [2]), das Anodenwachstum ist mit 10 % deutlich größer (vgl. Jossen [3]).

Solid-State-Elektrolyten ermöglichen den Einsatz von Li-Metall-Anoden. Diese leiden aber im deutlich stärkeren Umfang an Volumenänderungen, als dies bei Flüssigelektrolyten der Fall ist. Dies liegt insbesondere an der Tendenz, dass sich verstärkt Leerräume bilden und sich inaktives „totes“ Lithium ablagert. Für Lithium-Metallanoden wird dabei angegeben, dass sich das Volumen mehr als vervierfacht.(vgl. Oh, Yun, et. Al [4]). Daher gibt es Ansätze, für die Anode eine Art 3D-Gerüst zu verwenden, in welches das Lithium dann interkalieren kann, was Volumenänderungen begrenzt. (vgl. Ye, Zhang, et. al. [5]). Es bleibt abzuwarten, welche Zyklenzahl mit diesem Ansatz zu erreichen ist.

Instabile Schnittstelle Kathode/Elektrolyt:

Ein heutiges Problem von Solid-State-Batterien ist die Schnittstellenstabilität zwischen Kathode und dem Festkörperelektrolyt. Kathode und Elektrolyt sind beide in einem festen Aggregatszustand, was eine gute mechanische Verbindung zwischen den Beiden erschwert. Cheng, Kushida et. al [6] konnten in einer Untersuchung von einer beschichteten LLZO-Festkörperelektrolyt/LCO-Kathode-Kombination zeigen, dass Rissbildungen Ursache der schlechten Zyklenstabilität sind. Shi, Zhag et. Al. [7] konnten nachweisen, dass durch Anlegen eines externen Drucks auf Anode und Kathode teilweise verhindert werden kann, dass die Kontaktierung verloren geht.  

Für konventionelle Zellen sorgt das flüssige Elektrolyt dafür, dass immer eine gute mechanische und elektrische Verbindung besteht. Schnittstellenprobleme gibt es bei konventionellen Zellen somit in der Regel nicht.

Instabile Schnittstelle (Li-)Anode/Elektrolyt:

Analog zur Schnittstelle Kathode/Elektrolyt stellt auch die Schnittstelle Li-Anode/Elektrolyt einen deutlichen Faktor für das Altern der Zellen dar. Auch hier beschränkt sich das Problem wegen der fest-fest Verbindung auf Solid-State-Batterien. Das Lithium verträgt sich nicht gut mit dem Elektrolyten und es ist Gegenstand der Forschung, die Kompatibilität der Materialien zu erhöhen. Die Ursache ist insbesondere auch in der mechanischen Belastung durch Volumenänderung während Laden und Entladen. Ansätze die Schnittstellenqualität zu verbessern sind z.B. die Nutzung von Lithium-Legierungen anstelle von reinem Lithium, das Einfügen von Zwischenschichten oder die Verwendung von lithiertem Grafit [8].

 

Dendriten-Wachstum:

Dendriten-Wachstum ist ein Alterungseffekt, der sowohl bei Li-Ionen-Batterien als auch bei Feststoffbatterien auftritt. Dendriten sind speerartige Ablagerungen, die sich auf der Anodenoberseite beim Laden der Zelle ausbilden und bei denen die Gefahr besteht, dass sie irgendwann so groß sind, dass sie den Separator (bei Li-Ionen-Batterien) bzw. das Festkörperelektrolyt (bei Solid-State-Batterien) durchsticht und so einen Kurzschluss auslösen. Bei Li-Ionen-Batterien ist bekannt, dass niedere Temperaturen und hohe Ladeströme das Entstehen der Dendriten begünstigen(vgl. Korthauer [1]). 

Solid-State-Batterien sind besonders anfällig für Dendritenbildung, weil die Schnittstelle Li-Metall/Elektrolyt unebenen ist und zu einer inhomogenen Verteilung von Lithiumionen führt. Dies erhöht einerseits den Widerstand, andererseits verstärkt es Tendenzen, dass Dendriten bevorzugt wachsen oder Teile des Lithiums abbrechen und inaktiv werden. Unterschiede im Volumen beim Zyklieren werden dadurch verstärkt und lassen die Zellen schneller altern (vgl. Ye, Zhang, et. al. [9]). In einer Arbeit von Ye und Li an der Uni Cambridge [10] wird geschlussfolgert, dass sich die Dendritenbildung mit bisherigem Aufbau nicht vermeiden lässt. Mit Hilfe einer extra Elektrolytschicht haben die Forschenden es geschafft, 10.000 Zyklen mit einer Restkapazität von über 80 % zu durchlaufen. Die erreichte Zyklenzahl ist aber im Literaturvergleich eine große Ausnahme und es bleibt abzuwarten, ob sich die Studienergebnisse in anderen Arbeiten wiederholen lassen.

 

Kalendarische Alterung:

Kalendarische Alterung beschreibt die Alterung, wenn eine Batterie im Ruhezustand ist und nicht zykliert wird. Diese schreitet über den Lebenszyklus kontinuierlich voran und sorgt dafür, dass Batterien auch bei Nicht-benutzung über die Dauer degradieren. Ursache sind parasitäre Nebenreaktionen die im kleinen Umfang auch im Ruhezustand ablaufen. (vgl. Korthauer, S.26 [1]).

Für Solid-State-Batterien gibt es die Erwartung, dass aufgrund der festen Elektrolyten die parasitären Reaktionen in einem deutlich verringerten Umfang stattfinden und die kalendarische Alterung somit keinen dominanten Alterungseffekt darstellt. (vgl. Fraunhofer Institute[11]).

Erwartete Zyklenstabilität bei Solid-State-Startups:

Neben den Informationen zur Zyklenstabilität aus der Literatur gibt es erste Angaben der Solid-State-Startups zur prognostizierten Haltbarkeit der Festkörperzellen. Einen Überblick über den Markt liefert dazu insbesondere QuantumScape in einer Investorenpräsentation vom August 2020[12]. In Abbildung 2 sind die erreichten Zyklenzahlen dargestellt. Quantumscape gibt an, mit ihren Zellen über 1000 Zyklen bei 30 °C Testtemperatur und einem keramischen Separator erreicht zu haben. Ähnliche Zyklenzahlen werden von Samsung mit einem Sulfidbasierten Elektrolyt erzielt – allerdings bei höheren Testtemperaturen von 60 °C. ProLogium soll eine Zyklenfestigkeit von 1300 erreicht haben. Es sind aber keine näheren Informationen zu den Testparametern bekannt. SES erreichen mit einer Semi-Solid-State-Batterie 750 Zyklen, Für Ionic Materials ist bekannt, dass sie mit einem Polymer-Elektrolyten 20 Zyklen bei 30°C erreichen konnten.

Abbildung 2: Angaben von verschiedenen Solid-State-Firmen zur erreichten Zyklenzahl mit deren Prototypen. Quelle: QuantumScope [12], Eigene Darstellung.

QuantumScape gibt auf deren Webseite an, dass sie insgesamt eine höheren Lebensdauer als bei heutigen Zellvarianten erwarten, weil es an der Anodenseite zu keinem Kapazitätsverlust kommen soll [13]. Solid Power begründet eine höhere Zyklenstabilität mit einer allgemein höheren Widerstandsfähigkeit und einer besseren Performance bei hohen Temperaturen [14].

Fazit:

Nach heutigem Wissensstand ist noch nicht absehbar, dass die Zyklenstabilität von Solid-State-Batterien nennenswert höher liegen wird als bei Li-Ionen-Batterien. Abgesehen von einem Achtungserfolg der Uni Cambridge in welchem eine Zyklenzahl von 10.000 erreicht wurde, wird in den meisten Studien eher eine Zyklenfestigkeit im zweistelligen bis unteren dreistelligen Bereich erreicht.

Die dominanten Alterungsmechanismen von Solid-State-Batterien unterscheiden sich dabei von Li-Ionen-Batterien. Während bei Li-Ionen-Batterien die Zersetzung der Kathode und des Elektrolyt und das daraus resultierende Anwachsen der SEI-Schicht als Haupttreiber von Alterungseffekten gilt, ist es für Solid-State-Batterien vor allem die starke Volumenänderung der Anode durch Laden und Entladen und die daraus resultierende mechanische Belastung der Zelle. Die Änderung des Volumens und die schlechte Schnittstellenkompatibilität zwischen Li-Anode und Festelektrolyt resultieren zudem in einer wesentlich höheren Tendenz, Dendriten und Kurzschlüsse auszubilden.

Die veröffentlichten Zyklenzahlen, die an der Kommerzialisierung der Solid-State-Batterie arbeiten deuten an, dass eine deutlich verbesserte Lebensdauer zumindest in der ersten Generation der Solid-State-Batterien nicht zu erwarten ist.

Zumindest mittelfristig kann also erwartet werden, dass die Zyklenzahlen heutiger Systeme erreicht, jedoch nicht übertroffen werden.

Quellen

[1] [Rainer Korthauer: Handbuch Lithium-Ionen-Batterien, Springer Vieweg, 2012, Heidelberg

[2] Stefan Käbitz: Untersuchung der Alterung von Lithium-Ionen-Batterien mittels Elektroanalytik und elektrochemischer Impedanzspektroskopie, 2016, RWTH Aachen

[3] Jossen,Weydanz: Moderne Akkumulatoren richtig einsetzen, 2006, Leipheim/München

[4] Oh, P., Yun, J. et. al.: Development of High-Energy Anodes for All-Solid-State Lithium Batteries Based on Sulfide Electrolytes, 2022, Angewandte Chemie

[5] Xe, L., Li, X.: A dynamic stability design strategy for lithium metal solid state batteries, 2021, Nature

[6] Cheng, E., Kushida, Y. et. al. : Degradation Mechanism of All-Solid-State Li-Metal Batteries Studied by Electrochemical Impedance Spectroscopy, 2022, Applied Materials & Interfaces

[7] Shi, T., Zhang,Y. et al.: Characterization of mechanical degradation in an all-solid-state battery cathode, 2020, Journal of Materials Chemistry

[8] Dai, Q., Zhao, J. et. al.: Ultrastable Anode/Electrolyte Interface in Solid-State Lithium-Metal Batteries Using LiCux Nanowire Network Host, 2021, Applied Materials & Interfaces

[9] Ye, H., Zhang, Y., et. al. : An Outlook on Low-Volume.Change Lithium Metal Anodes for Long-Life-Batteries, 2020, ACS Central Science

[10] Xe, L., Li, X.: A dynamic stability design strategy for lithium metal solid state batteries, 2021, Nature

[11] Fraunhofer Institute for Systems and Innovation Research ISI: Solid-State Battery Roadmap 2035+, Karlsruhe, 2022

[12]QuantumScape: Investor Presentation 08/12/2021, https://s29.q4cdn.com/884415011/files/doc_presentation/2021/08/Investor-Presentation_Sep_2021.pdf, 2023

[13] QuantumScape: Delivering on the promise of solid-state technology, https://www.quantumscape.com/technology/, 2023

[14] SolidPower: All-Solid-State Battery Cell Technology, https://www.solidpowerbattery.com/batteries/, 2023