Natrium-Ionen-Batterien für Einsteiger: Ein umfassender Leitfaden

You are currently viewing The big beginner’s guide to Sodium-Ion batteries

Im großen Anfänger Guide wird die Natrium-Ionen Batterie einfach erklärt und auf das Potential der jungen Technologie eingegangen. Es ist kein Vorwissen nötig und es werden ausführlich Funktionsweise, Vor- und Nachteile, Stand der Entwicklung und die Erfolgschancen besprochen.

Was kommt nach Lithium-Ionen Batterien? Lange sah es so aus, als ob Lithium-Ionen Batterien unschlagbar sind und keine andere Technologie ihr das Wasser reichen kann. Seitdem 2021 CATL, der größte Zellhersteller der Welt angekündigt hat, in die Massenproduktion von Natrium-Ionen-Zellen einzusteigen, hat sich das geändert. Wie jede neue Technologie wurde sie als das neue Wunderkind präsentiert, die Lithium-Ionen Batterien schon bald ablösen werden. Elektroautos und Heimspeicher mit Natrium-Ionen Batterien? Kein Problem – wenn man den zahlreichen Pressemeldungen dazu Glauben schenken mag. Doch für welche Anwendungsbereiche ist die Natrium-Ionen Batterie tatsächlich geeignet? Was kann die noch junge Technologie erreichen? Welche Zellkonzepte sind am erfolgversprechendsten? Die Antworten gibt es im großen Anfänger-Guide zu Natrium-Ionen Batterien:

Wie ist eine Natrium-Ionen-Batterie aufgebaut?

Abbildung 1: Beispielhafte chemische Struktur einer Natrium-Ionen-Batterie (Kathode: Schichtoxid, Anode: Hartkohle). Veranschaulichung des Entladevorgangs. Eigene Darstellung

Der grundsätzliche Aufbau einer Natrium-Ionen-Batterie unterscheidet sich nur wenig von Lithium-Ionen-Batterien. In Abbildung 1 ist exemplarisch der Aufbau dargestellt. Genau wie Lithium-Ionen-Batterien bestehen auch Natrium-Ionen-Batterien aus zwei aktiven Elektroden: Der Anode und der Kathode, in welchen die chemische Speicherung der Energie stattfinden. Die Anode und Kathode werden durch einen Separator getrennt, der Kurzschlüsse zwischen dem Aktivmaterial verhindern soll.

Anode und Kathode enthalten jeweils das Aktivmaterial, welches in pulverisierter Form vorliegt und in der Regel Korngrößen im Mikrometerbereich aufweist. Die genaue Materialwahl für das Aktivmaterial ist entscheidend für die Eigenschaften der Na-Ionen-Zelle. Für die Anode wird in der Regel Hard Carbon verwendet. Bei der Kathode gibt es eine Vielzahl von möglichen Materialkombinationen, wobei diese entweder der Schichtoxide, der Polyanionverbindungen oder der Preußisch Blau Analoga zuzuordnen sind (Mehr dazu später).

Für die Funktion der Zelle muss eine gute elektrische, mechanische und ionische Verbindung der Komponenten erreicht werden. Dies ist wie bei Li-Ionen Batterien die Aufgabe des Elektrolyt, das sich aus Lösungsmittel, Leitsalz (z.B. NaPF6) und weiteren Additiven (Carbon black für die elektrische Leitfähigkeit) zusammensetzt.

Eine Besonderheit gibt es noch bei den Stromkollektoren: Diese sind dafür da, den Strom aus dem Aktivmaterial aus der Zelle hinaus zu führen. Während bei Li-Ionen-Batterien an der Kathode Aluminium und an der Anode Kupfer verwendet wird, sind bei Natrium-Ionen-Batterien beide Kollektoren aus Aluminium. Was erst einmal unspektakuläre klingt, ist auf dem zweiten Blick einer der großen Vorteile der Natrium-Ionen-Batterie: Kupfer ist eigentlich ein sehr schlechtes Material als Kollektor, weil es bei niederen Spannungszuständen anfängt sich selbst zu zersetzen und Kurzschlüsse in der Zelle auslösen kann. Dies ist der Grund, warum Lithium-Batterien nur bis ca. 3 V entladen werden sollten, weil bei niedereren Spannungen (vgl. [1]) Zersetzungsreaktionen beginnen, die die Zelle zerstören. Diese Begrenzung gibt es bei Natrium-Ionen-Batterien nicht! Es ist somit möglich, die Zelle auf 0 V zu entladen, ohne dass die Batterie beschädigt wird. Dies ist für den Transport von Batterien enorm wichtig. Aktuell gibt es sehr strenge Vorschriften für den Lithium-Zellen-Transport, weil die Zellen bei >3 V potentiell thermisch durchgehen können (vgl. z.B. Ohneseit [2]). Bei Natrium-Ionen-Batterien kann die Zelle einfach auf 0 V entladen werden, sodass keine Gefahr mehr von dem System ausgeht.

Was passiert in der Batterie, wenn sie entladen wird?

Der Entladevorgang ist ebenfalls in Abbildung 1 dargestellt. Im geladenen Zustand befinden sich die Natrium-Ionen auf der Anodenseite eingelagert in den Zwischenschichten der Hard Carbon Partikel (Blaue Kugeln). Wird nun ein Verbraucher an die Zelle angeschlossen, bewegen sich die Natrium-Ionen in den Partikeln zunächst an die jeweiligen Partikelgrenzen (Korngrenze), wo in einer chemischen Reaktion das Natrium-Ion und ein Elektron frei werden (1). Das Natrium-Ion wandert mit Hilfe des Leitsalzes über den Separator zur Kathode (2a). Das Elektron bewegt sich über den Ableiter und den Verbraucher (z.B. eine Lampe) und wandert dann über den Kathodenstromkollektor zur Kathode (2b). Dort reagieren Elektron und Natrium-Ion erneut und lagern sich in das Kathodenaktivmaterial (Grüne Kugeln) ein (3). Beim Laden dreht sich dieser Prozess einfach um.

Welche Materialien werden für die Anoden und Kathoden verwendet?

Im Wesentlichen stehen drei Materialgruppen als Kathodenmaterial zur Auswahl:

  • Natrium-Ionen-Schichtoxide
  • Phosphat-basierte polyanionische Verbindungen
  • Berliner-Blau Analoga (PBAs)

Die höchsten Energiedichten werden derzeit mit Schichtoxid-Kathoden erreicht und erreichen je nach Zellkonfiguration sogar die Energiedichte von LFP. Beim Laden und Entladen durchläuft das Material mehrere Phasentransformationen, was das Material mechanisch stark belastet, weswegen jedoch keine sehr hohe Lebensdauer erreicht wird. Phosphat-basierte polyanionische Verbindungen auf der anderen Seite weißen aufgrund ihrer stabilen Sauerstoffverbindungen eine sehr hohe Lebensdauer von mehreren tausend Zyklen auf, erreichen aber nur niedere Energiedichten. Die dritte Gruppe der Berliner-Blau Analoga befindet sich im Mittelfeld. Berliner Blau ist ein Material, das schon seit Jahrhunderten als Farbstoff z.B. für Gemälde Anwendung findet. Der Herstellungsprozess ist entsprechend einfach und erprobt, auch wenn die Herstellung größerer Mengen eine Herausforderung darstellt. [3]. In Abbildung 2 ist eine detailliertere Übersicht zu den einzelnen Materialien dargestellt.

Abbildung 2: Kathodenmaterialien für Natrium-Ionen Batterien, Eigene Darstellung

Für Anoden wird bei Lithium-Ionen Zellen in der Regel Graphit eingesetzt. Dies ist für Natrium-Ionen Batterien nicht möglich, da sich die Ionen nicht sauber in die Graphitzwischenschichten einlagern können. Es gibt zwar Ansätze, modifiziertes Graphit zu verwenden, in der Regel wird aber eher auf Hard Carbon zurückgegriffen. Während Graphit schichtartig aufgebaut ist, ist Hard Carbon ungeordneter, enthält mehr Strukturdefekte und ermöglicht so, dass das Natrium in die vielen Hohlräume des Materials eindringen kann. Die Energiedichte von Hard Carbon liegt tendenziell etwas niederer (200-400 mAh/g bei Hard Carbon vs. 372 mAh/g bei Graphit), grundsätzlich ist die Energiedichte aber ähnlich. Aus ökologischer Sicht ist Hard Carbon insbesondere deswegen interessant, da es aus allen möglichen organischen Abfallstoffen wie z.B. Baumwolle oder Zuckerverbindungen gewonnen werden kann. Die Reinheit der Ausgangsstoffe ist in der Regel aber problematisch, weswegen in der Praxis häufig keine hohen Energiedichten erreicht werden. Da die auf Reststoffen basierten Hard Carbons zudem teurer sind, ist davon auszugehen, dass eher das günstigere synthetisch produzierte Hard Carbon verwendet wird [1]. 

Wie ökologisch und nachhaltig ist die Natrium-Ionen-Batterie?

Tatsächlich ist es gar nicht so einfach, pauschale Aussagen über die Nachhaltigkeit von Natrium-Ionen-Batterie zu treffen. Grundsätzlich kann man die Auswirkungen auf die Umwelt mit Hilfe einer Lebenszyklusanalyse bewerten. Für eine finale Bewertung ist es hier aber zu früh, da es noch zu wenig Daten zur Lebensdauer und zum Recycling der Zellen gibt. Erste Untersuchungen deuten aber darauf hin, dass die emittierten Treibhausgase pro Kilowattstunde über den Lebenszyklus höher liegen, als bei Lithium-Batterien, was vor allem an der niedereren Energiedichte liegt [4]. Allerdings ist davon auszugehen, dass mit dem Übergang zur Massenproduktion noch erhebliche Effizienzsteigerungen erreicht werden, sodass deutliche Verbesserungen zu erwarten sind.

Abbildung 3: Knappheit der für Lithium- und Natrium-Ionen-Batterien benötigten Rohstoffe, Welche Materialien benötigt werden, hängt vom jeweiligen Subtyp ab. Vanadium wird zum Beispiel nur für einige Polyanion-Kathoden benötigt; andere Systeme benötigen es nicht, eigene Darstellung.

Die Kritikalität der verwendeten Rohstoffe kann man allerdings bereits heute beurteilen. In Abbildung 3 ist aufgezeigt, wie häufig die Rohmaterialien für Lithium- und Natrium-Ionen Batterie in der Erdkruste vorkommen. Links sind dabei die Materialien, die nur in Lithium-Ionen Batterien vorkommen, rechts die Materialien, die nur in Natrium-Ionen Batterien vorkommen abgebildet. In der Mitte sind die Elemente aufgelistet, die in beiden Zellen vorkommen. Die Lithium-Ionen-Batterie schneidet aufgrund ihrer knappen Rohstoffe Lithium und Kobalt deutlich schlechter ab, als die Natrium-Ionen-Batterie. Zu beachten ist, dass es keine einheitliche Zusammensetzung der Chemien gibt. Bei der Natrium-Ionen Batterie wird bei Phosphat-basierten Polyanionischen Kathoden häufig Vanadium eingesetzt, was vergleichsweise selten und zudem giftig ist. Auf der anderen Seite gibt es auch Lithium-Ionen Kathoden wie z.B. LFP, die kein Kobalt benötigen, und somit in der Kritikalitätsbetrachtung günstiger abschneiden. Insgesamt werden für die Natrium-Ionen-Batterie aber dennoch deutlich weniger kritische Rohstoffe benötigt, sodass diese deutlich überlegen sind.

Wie ökologisch ist die Natrium-Ionen Batterie also? Es werden weniger bis gar keine kritischen Rohstoffe verwendet. Mit am meisten wird an Lithium-Ionen-Batterien die Nutzung von Lithium (Hoher Wasserverbrauch bei der Förderung) und Kobalt (Kinderarbeit) kritisiert. Diese Punkte fallen für Natrium-Ionen Batterien komplett weg. Bei der Emission von Treibhausgasen ist die Natrium-Ionen Batterie bisher nicht überlegen, sodass hier noch weitere Anstrengungen nötig sind.

Was sind die ersten Anwendungsfelder?

Abbildung 4: Vergleich der verschiedenen Natrium-Ionen Chemien im Netzdiagramm, Eigene Darstellung.

Es ist nicht davon auszugehen, dass Natrium-Ionen-Batterien Lithium-basierte Systeme komplett ersetzen werden. Stattdessen ist eher von einer Koexistenz beider Bereiche mit unterschiedlichen Schwerpunkten auszugehen. Im Netzdiagramm in Abbildung 4 wird deutlich, wie sich die einzelnen Chemien voneinander unterscheiden. Nicht alle Zellchemien eignen sich für alle Anwendungen.

Die genaue Zellchemie –insbesondere die Wahl der Kathode – hat dabei erheblichen Einfluss auf dessen möglichen Anwendungsbereich. Phosphatbasierte polyanionische Kathoden bieten sich aufgrund ihrer hohen Lebensdauer und Sicherheit tendenziell für Heim- und Industrielle Speicher an. Zellen mit Schichtoxid-Kathoden könnten am ehesten in Automobilen Anwendungen zum Einsatz kommen, da dort auch eine geringere Lebensdauer akzeptiert wird, wenn dafür eine hohe Energie- und Leistungsdichte erreicht wird. Berliner Blau Analoga-Kathoden liegen mit ihren ausgewogenen Eigenschaften in der Mitte zwischen mobilen und stationären Speichern, sodass keine der beiden Bereiche ausgeschlossen ist.

Da die Natrium-Ionen-Technologie erst in den letzten Jahren in den Fokus gerückt ist, ist aber eine klare Tendenz noch nicht abzusehen und es bleibt abzuwarten, welche Zellvarianten tatsächlich in großen Mengen günstig produziert werden können. Aufgrund der insgesamt schlechteren Energiedichte und den hohen Anforderungen, die im Automotive-Bereich gestellt werden, ist davon auszugehen, dass vor allem der Heimspeicher- und Industriespeichermarkt in den nächsten Jahren fokussiert wird. Erst mit verbesserten Energiedichten und großvolumigen Zellen können Elektroautos mit Natrium-Ionen-Batterien realisiert werden.

Welche Firmen gibt es schon und wie weit sind sie?

Abbildung 5: Überblick über die wichtigsten Unternehmen, die an der Kommerzialisierung der Natrium-Ionen-Batterie arbeiten und Darstellung der jeweiligen Kathodenmaterialien, Eigene Darstellung.

Anfang 2024 ist der Markt der Natrium-Ionen-Batterien zweigeteilt. Auf der einen Seite gibt es bereits Firmen, die Natrium-Ionen-Zellen in größeren Stückzahlen produzieren und bereits einige Jahre Markterfahrung haben. Dazu zählen NGK-Insulators und Natron Energy. NGK-Insulators ist spezialisiert auf Hochtemperatur-Natrium-Ionen-Speicher, die bei einer Temperatur von über 300 °C betrieben werden [5] und als Industriespeicher zur Stabilisierung von Netzen zum Einsatz kommen. Natron Energy nutzt eine Kathode auf der Basis von Berliner-Blau Analoga und hat seine Zellen vor allem für unterbrechungsfreie Stromversorgungen optimiert und bieten extrem hohe Lebensdauer, bei gleichzeitig aber sehr schlechter Energiedichte [6]. Beide Firmen haben zwar ihre jeweiligen Nieschen gefunden, aufgrund der eingegangenen Kompromisse ist aber nicht davon auszugehen, dass diese Technologien breiter Anwendung finden werden.

Dem gegenüber stehen Firmen wie CATL, BYD und Northvolt. Deren Produkte sind 2024 zwar noch nicht in großen Stückzahlen verfügbar, sollen aber die Anforderungen des Marktes viel besser erfüllen. Die Hersteller setzen dabei aktuell ganz überwiegend auf Schichtoxid- oder Berliner-Blau Analoga Kathoden. Als Anode kommt in der Regel Hard Carbon zum Einsatz. Die Systeme sind optimiert auf den Temperaturbereich, wie er auch heute von der Heimspeicher- und Automotive-Industrie gefordert wird (-20 °C bis 60 °C) und sollen Energiedichten von 140-160 Wh/kg erreichen, was etwas unter den Energiedichten ist, die mit LFP erreicht werden können.

In Abbildung 5 ist eine Landkarte der größten (bekannten) Natrium-Ionen-Projekte abgebildet.

Nicht alle Hersteller haben Angaben zur Lebensdauer ihrer Zellen gemacht. Die verfügbaren Infos lassen aber darauf schließen, dass meist eine zyklische Lebensdauer von über 3000 Zyklen anvisiert wird, sodass sich die Zellen insbesondere für den stationären Energiespeichermarkt eignen werden (vgl. HiNa Battery [7]) und eher weniger für vollwertige Elektroautos mit hohen Reichweiten.

Wie lange es noch dauern wird, bis Natrium-Ionen-Zellen in großen Mengen produziert werden können, ist noch nicht ganz klar. Große finanzstarke Firmen, die früh mit der Skalierung der Technologie angefangen haben, werden tendenziell am schnellsten hohe Stückzahlen erreichen. Die Ankündigungen der Hersteller weißen aber darauf hin, dass spätestens in der zweiten Hälfe der 2020er höhere Stückzahlen zu erwarten sind.

Was wird den Erfolg ausmachen?

Natrium-Ionen Batterien befinden sich Stand 2024 immer noch am Beginn der Industrialisierung und es wird auch noch ein paar Jahre dauern, bis Natrium-Ionen-Zellen in größerer Anzahl verfügbar sein werden und nochmal ein paar Jahre, bis sie am Markt relevante Anteile erreichen.

Drop-In-Technologie

Wie schnell sich die Zellen am Markt durchsetzen, hängt vor allem davon ab, wie gut der Schritt vom Prototypen hin zur Pilot- und dann zur Serienproduktion gelingen wird. Die meisten Konzepte versuchen, Natrium-Ionen Batterien als Drop-In-Technologie zu entwickeln: Es wird versucht, bestehende Lithium-Ionen-Fertigungen mit nur minimalem Aufwand auf Natrium-Ionen-Technologien umzurüsten, was einerseits die Kosten für neue Anlagen spart und gleichzeitig viel schneller umzusetzen ist.

Vorteile auf Systemebene

Die Natrium-Ionen Batterie wäre erst die zweite Technologie die es schafft, sich neben Lithium-NMC-Kathoden-basierten Zellen am Markt zu platzieren. Bisher ist dies nur Lithium-LFP-Kathoden gelungen. Diese haben es geschafft, große Marktanteile für sich zu beanspruchen, obwohl sie auf Zellebene über eine deutlich niedrigere Energiedichte verfügen. Dies haben sie aber durch ihre anderen Eigenschaften kompensiert, da sie sehr sicher sind und es möglich ist sehr große (und damit günstige) Zellen zu produzieren und diese sehr dicht in Modulen zu packen, sodass auf Systemebene trotzdem große Speicher zu sehr günstigen Kosten produziert werden können. Solche „Killer Features“ könnten letztlich auch für die Natrium-Ionen-Batterie den Unterschied ausmachen, ob dieser Zelltyp eine breite Anwendung finden wird, oder eben nicht.

Die Möglichkeit die Zelle bis auf 0 V zu entladen und die daraus resultierenden günstigen Transporteigenschaften könnten ein solches „Killer Feature“ darstellen. Es ist aber noch zu früh, dies abschließend zu beurteilen.

Preis

Zuletzt hängt der Erfolg von den Kosten ab. Insbesondere in der Automobilindustrie besteht ein sehr großer Preisdruck und bereits kleine Preisunterschiede können aufgrund der hohen Stückzahlen die Umstellung auf Natrium-Ionen-Zellen rechtfertigen.

Aber nicht nur die direkten Herstellungskosten der Zellen haben einen Einfluss auf die Erfolgschancen der noch jungen Technologie: Auch der Preis für Lithium-Carbonat beeinflusst indirekt, ob und wie schnell sich die Technologie durchsetzen wird. Je höher der Preis dafür ist, desto größer die Tendenz, die Entwicklung von günstigeren Technologien wie die Natrium-Ionen-Batterie voranzutreiben, um so die Kosten zu senken. Aktuell gibt es bis 2030 noch eine erhebliche Angebotslücke für Lithium und auch die geplanten neuen Minenprojekte zum Abbau des Materials werden vermutlich nicht reichen, um diese zu schließen (vgl. [8]). Natrium-Ionen-Batterien können zu einer Verschiebung der Nachfrage führen und somit zur Lösung des Problems beitragen.

 

Fazit: Natrium-Ionen Batterien kommen, aber vermutlich nicht für Alle

Was sind also nun die wichtigsten Take-Aways zu Natrium-Ionen Batterien? Dies lässt sich in 5 Kern-Statements zusammenfassen:

1. Natrium-Ionen Batterien werden Marktreife erlangen.

Aktuell deutet fast alles darauf hin, dass die Serienproduktion von Natrium-Ionen Batterien in greifbare Nähe gerückt ist. Der Aufbau von großen Produktionsanlagen ist in vollem Gange und erste Gigafactories, also Produktionen, die Zellen mit einer kumulierten Kapazität von mehr als 1 GWh/Jahr herstellen sind in Planung oder befinden sich bereits im Aufbau.

2. Der Erfolg der Natrium-Ionen Batterie hängt von der Lithium-Ionen Batterie ab.

Am Ende wird der Preis entscheiden, ob sich Natrium-Ionen Batterien breite Marktanteile sichern können. Je teurer Lithium-Ionen-Batterien und dessen Rohstoffe sind, desto attraktiver wird die Natrium-Ionen Batterie. Das Hochfahren der Produktion der Natrium-Ionen Zellen gelingt am schnellsten, wenn möglichst viele Prozesse von der Lithium-Ionen-Produktion übernommen werden können.

3. Natrium-Ionen Batterien sind umweltfreundlicher, wenn man das möchte.

Natrium-Ionen Batterien nutzen im Allgemeinen weniger knappe und kritische Ressourcen wie deren Lithium-Pendant. Dies gilt aber nicht für alle Varianten der Technologie und es können seltene und toxische Stoffe wie Vanadium enthalten sein. Teil des Entwicklungsprozesses muss es somit sein, diese durch umweltoptimierte Materialien zu ersetzen.

4. Welche genaue Chemie sich durchsetzen wird, ist unklar.

Bislang gibt es noch keine klare Tendenz, welche Batteriechemievariante sich durchsetzen wird. Zwar setzen fast alle Hersteller auf Hard Carbon als Anodenmaterial, bei den Kathoden gibt es aber noch keine eindeutige Präferenz, wobei der Fokus entweder auf Schichtoxide mit höherer Kapazität oder auf Berliner Blau Analoga mit etwas längerer Lebensdauer gelegt wird. Phosphatbasierte Polyanionische Kathoden werden bislang nur von wenigen Herstellern fokussiert.

5. Es ist unklar, ob sich Natrium-Ionen-Batterien auch für E-Autos eignen werden.

Natrium-Ionen-Batterien eignen sich perfekt für Heimspeicher und industrielle Speicher. Die gravimetrische und volumetrische Energiedichte sind weniger relevant. Stattdessen stehen Kosten/kWh und Lebensdauer im Vordergrund. Aus Kostenperspektive sind Natrium-Ionen Batterien unschlagbar und mit Berliner Blau Analoga Kathoden oder Phosphatbasierten Polyanionischen Kathoden lassen sich eine hohe Lebensdauer erreichen.

Ob sich Natrium-Ionen Batterien auch für das E-Auto eignen, bleibt abzuwarten. Um konkurrenzfähig zu sein, müssen die Zellen mindestens eine ähnliche Energiedichte wie Lithium LFP-Zellen erreichen. Zusätzlich muss es möglich sein, sehr große Zellen zu fertigen, um eine hohe Pack-Dichte zu erreichen, oder es müssen andere Wegen gefunden werden, wie auf Systemebene Volumen und Gewicht gespart werden kann (z.B. indem die Heizung/Kühlung weggelassen wird). Nur wenn es hier Fortschritte gibt, werden Natrium-Ionen Batterien relevante Marktanteile im Automotive Markt erzielen können.

Quellen

[1] Hendricks C. et al.: Copper Dissolution in Overdischarged Lithium-ion Cells: X-ray Photoelectron Spectroscopy and Xray Absorption Fine Structure Analysis, Journal of The Electrochemical Society, 2020

[2] Ohneseit, S. et al.: Thermal and Mechanical Safety Assessment of Type 21700 Lithium-Ion Batteries with NMC, NCA and LFP Cathodes–Investigation of Cell Abuse by Means of Accelerating Rate Calorimetry (ARC), 2023,  Materials Design for Electrochemical Energy Storage

[3] Gupta, P et al.: Understanding the Design of Cathode Materials for Na-Ion Batteries, 2022, ACS Omega

[4] Titirici, Adelhelm, Hu: “Sodium Ion Batteries Materials, Characterization, and Technology Volume 1 & 2”, WILEY-VCH, 2023

[5] NGK-Insulators: About NAS Batteries,  https://www.ngk-insulators.com/en/product/nas-about.html

[6] Natron Energy: Better performance through better chemistry,  https://natron.energy/technology/

[7] HiNaBattery: R&D Achievements, https://www.hinabattery.com/en/index.php?catid=15

[8] Advanced Propulsion Centre UK: Q1 2022 Automotive industry demand forecast, 2022, https://www.apcuk.co.uk/wp-content/uploads/2022/07/Q1-2022-automotive-industry-demand-forecast-report.pdf